Erwerb guter Eigenschaften

Wie können wir am leichtesten unsere göttlichen Eigenschaften hervorbringen? Gibt es ein äußeres Zeichen für spirituellen Fortschritt? Wie können wir gelassener werden? Wie kann ich in diesem Augenblick Zufriedenheit erlangen? Wie können wir uns von Anhaftung befreien?

Wie kann man dynamischer werden? Je mehr Arbeit ich habe, desto langsamer werde ich. Wie kann ich das überwinden?

Sri Chinmoy: Wenn es dir schwer fällt, dynamische Energie durch Meditation von oben herab zu bringen, so ist das nicht schlimm. Du kannst dennoch dynamisch werden, indem du das Wort "Dynamik" wiederholst. Sobald du das Wort "Dynamik" aussprichst, wirst du entweder in deinen Armen oder anderen Gliedmaßen, in deinem Kopf oder in deinem Herzen enorme Kraft verspüren. Jedes Mal, wenn du das Wort "Dynamik" wiederholst, wird ein Teil deines Körpers von Dynamik überflutet werden. Zugleich wirst du den Fluss dynamischer Energie in deinen Beinen, deinem Kopf, der Stirn, den Schultern oder Armen verspüren.
Das Wort "Dynamik" hat unglaubliche Kraft, genauso wie das Wort "Frieden". Wenn du seelenvoll "Frieden" sagen kannst, wird ein Teil deiner äußeren Existenz sogleich darauf ansprechen. Und später wird dies auch dein inneres Wesen tun. Im Augenblick reagiert nur ein Teil von dir auf das Wort "Dynamik". Aber es wird eine Zeit kommen, in der dich Dynamik von Kopf bis Fuß durchströmen wird, wenn du das Wort wiederholst.

Wie kann ich meine Ergebenheit stärken?

Sri Chinmoy: Bevor wir mit Ergebenheit beginnen, sollten wir der Liebe unsere Aufmerksamkeit zuwenden – der inneren Liebe, der göttlichen Liebe. Ergebenheit wird durch hingebungsvolle Liebe genährt. Ohne Liebe kann es keine Ergebenheit geben. Gewöhnliche Menschen sind einander emotional verhaftet. Warum? Weil sie die menschliche Liebe dazu verleitet. Im spirituellen Leben gebrauchen wir unsere Ergebenheit anstelle von Anhaftung. Wenn wir unsere Ergebenheit gegenüber unserem Meister, unserem eigenen spirituellen Leben oder Gott stärken wollen, müssen wir die äußerste Notwendigkeit von Liebe erkennen. Wir müssen fühlen, dass wir auf der Erde nicht leben können, ohne unseren Meister oder Gott zu lieben. Wenn ein aufstrebender Sucher fühlt, dass er keine Sekunde leben kann, ohne seinen Meister zu lieben und ihm ergeben zu sein, dann wird seine Ergebenheit von selbst gestärkt. Danach muss er einen Schritt weiter gehen und herausfinden, warum er diese Person oder diese Sache liebt. Es gibt zwei Wege, Gott zu lieben. Der eine Weg besteht darin, Gott aufgrund unserer eigenen Sicht der Wahrheit zufrieden zu stellen. Der andere Weg ist es, sich Gott hinzugeben und Gott auf Seine Weise zu gefallen. Wenn ein Sucher seine Ergebenheit stärken möchte, so kann er das in grenzenlosem Ausmaß tun, wenn er die innere Stärke, Fähigkeit oder Bereitschaft aufbringt zu sagen: "Ich liebe Gott um Seinetwillen. Ich existiere nur auf dieser Erde, um Gott auf Seine eigene Weise zufrieden zu stellen." Wenn das der Wille des Suchers ist, wenn es das ist, was er von seinem Leben möchte, dann werden Gottes unfehlbarer Schutz, Seine bedingungslose Anteilnahme und Sein bedingungsloses Mitleid auf ihn herabkommen. Dann wird die Ergebenheit oder Hingabe des Suchers an Gott oder irgendeinen göttlichen Zweck gewaltig gestärkt.

Wie kann ich inneren Gehorsam haben?

Sri Chinmoy: Es gibt viele Dinge, die ich dir innerlich mitgeteilt habe. Ich habe dir gesagt, dass du nicht an Gottes Existenz zweifeln sollst, nicht an mir zweifeln sollst und auch nicht an deiner eigenen Spiritualität. Dennoch gibt es Zeiten, in denen du überlegst, ob du dein spirituelles Leben weiterführen sollst und ob es die richtige Entscheidung war, meinem Weg zu folgen. Manchmal bist du so angewidert, dass du sogar Gott verleugnest. Dann hast du das Gefühl, es wäre besser gewesen, nicht an Gott zu glauben, weil andere, die kein spirituelles Leben führen, glücklich sind. Wenn du dich innerlich so verhältst, so nennt man das inneren Ungehorsam. Ungehorsam liegt ganz und gar im Verstand. Wenn du an deiner spirituellen Kraft und Fähigkeit zweifelst oder an meiner Fähigkeit, dir Segen, Liebe und Mitgefühl zu schenken, wenn du an Gottes bedingungsloser Liebe, bedingungsloser Vergebung und bedingungslosem Mitleid zweifelst, dann ist das alles innerer Ungehorsam. Ich habe dir versichert, dass ich immer bei dir bin. Gott ist unser ewiger höchster Geliebter und ich bin Sein Stellvertreter für all jene, die meinem Weg folgen. Ich bin der Vorgesetzte und ihr seid die Mitarbeiter. Wenn ihr an das glaubt, was ich sage, und ein spirituelles Leben führt, dann ist das innerer Gehorsam. Aber das ist alles sehr allgemein. Jeder weiß selbst, ob er mir gehorcht und meiner Lehre folgt, oder ob er an sich und seinen spirituellen Fähigkeiten zweifelt. Wenn du nicht an meiner Verwirklichung oder an Gottes bedingungslosem Mitleid, Licht und Seiner Glückseligkeit zweifelst, dann bist du innerlich gehorsam.

Wie kann ich wirklich demütig werden?

Sri Chinmoy: Du kannst nur dann wirklich demütig werden, wenn du entdeckst, fühlst und weißt, was wahre Demut ist. Wahre Demut ist das bewusste Gewahrsein der transzendenten und universellen Wirklichkeit. Wahre Demut ist die auf der Erde, in der Menschheit und für die Menschheit manifestierte erhabene Wesensart Gottes. Demut ist einzigartig unter allen Eigenschaften Gottes.

Bist du nicht frustriert, wenn du versuchst, inneren Frieden zu erlangen, und gleichzeitig siehst, was die Regierung deinen Mitmenschen antut?

Sri Chinmoy: Nein. Wenn jemand eine zutiefst aufrichtige innere Sehnsucht nach dem Göttlichen besitzt, dann gibt ihm Gott auch das Licht der Geduld. Wer das innere Leben, das spirituelle Leben angenommen hat, der erhält genügend Geduld. Jene Sucher, die sich heute aufrichtig nach Licht sehnen, wissen, dass es Menschen gibt, die das Licht bereits gesehen, gefühlt und verwirklicht haben. Dies ermutigt und inspiriert sie. Wenn wir tief nach innen tauchen und ein inneres Leben führen, werden wir früher oder später auch mit Licht und Frieden erfüllt werden. Zu diesem Zeitpunkt werden wir unweigerlich auch inneren Frieden erlangt haben.

Wie kann man innere Gelassenheit und Frieden erlangen, wenn man sich umschaut und überall in der Welt Krieg, Hunger, Drogen und Tod erblickt?

Sri Chinmoy: Wenn jemand in der äußeren Welt keine Befriedigung findet, dann sollte sein innerer Hunger ausreichend groß sein, um in die innere Welt einzutauchen. Ich habe zwanzig oder dreißig Schüler, die irgendwann einmal Drogen genommen und viele andere Fehler gemacht haben; aber sie haben gemerkt, dass sie das nicht zufrieden stellt. Dann begannen sie ihren inneren Hunger zu spüren. Innerlich ausgehungert, kamen sie zu mir und begannen spirituell zu streben. Sie wollten herausfinden, ob in dieser Lebensweise Wahrheit, Licht und Erfüllung zu finden sind. Als sie dann das innere Leben ernsthaft begannen, erhielten sie die Antwort. Jeder muss für sich herausfinden, ob ihn das äußere Leben befriedigen kann. Wenn das nicht der Fall ist und ihn das äußere Leben enttäuscht hat, wird er vielleicht aufwachen und sagen: "An diesem Ufer habe ich nur Enttäuschung erfahren; nun möchte ich sehen, was das andere Ufer zu bieten hat." So wird er natürlich versuchen, in die innere Welt einzutauchen. Dann wird er sein inneres Leben von innen her zum Vorschein bringen. Wir ernten, was wir säen. Wenn ich mich zutiefst nach Licht sehne und tief nach innen tauche, dann sehe ich Licht und wachse in es hinein. Dieses Licht, das ich sehe und besitze, wird zu einem festen Bestandteil meines inneren Lebens. Anschließend versuche ich dieses Licht zum Vorschein zu bringen und der Menschheit weiterzugeben, und diese empfängt es dann entsprechend ihrer Aufnahmefähigkeit.

Ist Glaube ein Geschenk?

Sri Chinmoy: Ja, Glaube ist ein Geschenk. Jede gute Eigenschaft ist ein Geschenk Gottes. Aber Glauben muss man auch entwickeln. Mit Glauben hat jeder die Möglichkeit, göttlich zu werden. Aber es gibt noch immer viele Menschen, die ihren Glauben nicht anwenden. Glaube kann wie ein Muskel trainiert werden. Heute hast du vielleicht nur wenig Glauben, aber schon morgen wirst du mehr Vertrauen in dich und in Gott haben.
Glaube ist wie eine Schachtel, die ein Juwel beinhaltet. Wir sind im Besitz der Schachtel, aber wir öffnen sie nicht, um das Juwel zu sehen. Wenn wir uns mit unserer Quelle, unserem Ursprung verbinden, werden wir erkennen, dass wir Glauben in unendlichem Maße besitzen. Wir tragen einen unendlichen Vorrat davon als Errungenschaft oder Wirklichkeit in uns. Aber wir nützen ihn nicht; wir vernachlässigen diese göttliche Eigenschaft.

Es fällt mir sehr schwer, an mich zu glauben. Wird sich mein Glaube entwickeln, wenn ich ein spirituelles Leben führe?

Sri Chinmoy: Ja. Sei dir bewusst, dass du Gottes Sohn bist und nicht Gottes Sklave. Wenn du Gott deinen Vater nennen darfst, kannst du sagen: "Mein Vater ist reich. Mein Vater ist eine bedeutende Persönlichkeit. Mein Vater ist gütig. Wenn er gütig ist, wird er auch zu mir gütig sein. Wenn er reich ist, wird er auch mir etwas von seinem Reichtum geben." Ein Sohn wird dieses Gefühl haben.
Empfindest du deine Beziehung zu Gott hingegen wie die eines Herrschers zu seinem Sklaven, wie sollst du dann an dich glauben können? Ein Sklave wird sagen: "Heute ist er mein Herr, aber schon morgen kann er mich hinauswerfen." Ein Sklave kann den Reichtum oder die Fähigkeiten seines Herrn niemals für sich beanspruchen, der Sohn hingegen schon. Ein kleines Kind mag erst sieben Jahre alt sein, aber es ist überzeugt davon, dass, wenn sein Vater reich, angesehen und gebildet ist, es seinen Besitz und diese Eigenschaften von ihm erben wird. Und der Vater wird sie ihm auch mit Freuden geben. Mit der Einstellung eines Sklaven hingegen würde es denken: "Ach, mein Herr will mich nur ausbeuten. Ich werde seinen Besitz und seine guten Eigenschaften nie für mich beanspruchen können." Wenn du also an dich glauben willst, musst du dir zuerst darüber klar werden, welche Art von innerer Verbindung oder Beziehung du zu deinem Inneren Führer hergestellt hast. Wenn es sich um eine Beziehung wie zwischen Vater bzw. Mutter und Sohn, oder Liebhaber und Geliebtem, oder um eine Beziehung zwischen zwei sehr engen Freuden handelt, kannst du alles von Gott erwarten. Gelingt es dir hingegen nicht, diese Art der süßen Einheit mit Gott herzustellen, wie willst du dann Vertrauen haben? Wenn du denkst: "Gott ist so fern; Er ist der über allem erhabene Gott und ich bin nur eine unbedeutende Kreatur", dann fehlt das Gefühl des Einsseins. Wenn du dich als winzige Ameise siehst und Gott als riesigen Elefanten, wirst du natürlich sagen: "O weh, wie soll ich je so viel Kraft und solche Fähigkeiten erlangen können? Ich bin doch so schwach und unbedeutend!" Stellst du dir Gott aber als jemanden vor, der mehr als bereit ist, dir alles zu geben, was Er hat, so wirst du fühlen: "Wenn die Zeit reif ist und ich sie brauche, wird mir die Kraft des Elefanten zuteil werden." Wenn du dieses Gefühl entwickelt hast und fühlst, dass dir der Vater alles, was du brauchst, geben wird, wirst du wie von selbst Glauben haben. Wenn du Glauben an dich hast, wirst du sagen: "Wie kann ich etwas Ungöttliches tun? Ich bin Gottes Sohn. Wie kann ich mich mit der Unwissenheit abgeben? Das ist unter meiner Würde." Auf diese Weise wirst du rasch zu deiner wahren Göttlichkeit finden. Versuche daher in deinem spirituellen Leben dein Einssein mit Gott als etwas äußerst Süßes, Reines und Erfüllendes zu empfinden. Dann wirst du von allein Glauben entwickeln. Wenn du fühlst: "Er gehört mir; ich gehöre Ihm", wirst du reichlich Glauben an dich haben.

Wie kann der Schüler eines spirituellen Lehrers die Qualitäten eines göttlichen Kriegers manifestieren?

Sri Chinmoy: Er muss mutig, gleichzeitig aber auch gleichmütig oder gar gleichgültig sein, wenn es die Situation erfordert. Die Leute werden ihn als schlechten Menschen oder als hartherzig bezeichnen, aber er muss seiner Überzeugung treu bleiben. Alle Menschen haben die Möglichkeit, göttliche Krieger zu werden, aber sie nutzen diese Kraft nicht.

Wie können wir dauerhaften Frieden finden?

Sri Chinmoy: Mein erstes Gedicht in englischer Sprache beginnt so:
"Ich weiß, ein Meer von Frieden, Freude und Licht liegt außerhalb meiner Reichweite..."
Fast jeder spirituelle Schüler hat am Beginn seines spirituellen Lebens das Gefühl, Frieden läge außerhalb seiner Reichweite. Der Verstand quält uns ständig. Unser Verstand trägt uns in der inneren wie äußeren Welt ständig von einem Ort zum anderen, von einem Gegenstand zum anderen. Dennoch kommt irgendwann der Tag, an dem wir in unserem inneren Leben fühlen, dass es nichts anderes geben kann, wonach es sich zu streben lohnt, als nach Frieden. Frieden wirkt im inneren und äußeren Leben des aufstrebenden Suchers. Und irgendwann kommt der Tag, wo er mit dem Frieden eins wird. Im Augenblick sehnt er sich nach Frieden, aber er besitzt ihn nicht. In dem Moment, wo die Flamme seines inneren Strebens die Gelegenheit erhält, das Höchste zu erreichen, beginnt der innere Friede höchst wirkungsvoll und kraftvoll in ihm zu wirken. Eines Tages bemerkt er dann, dass er sich beständig im Meer des Friedens befindet und nie mehr davon getrennt werden kann. Seine gesamte innere wie äußere Existenz ist dann von Frieden überflutet. Um diese Erfahrung zu machen, brauchen wir inneres Streben. Spirituelle Strebsamkeit ist der Schlüssel dazu.

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