Reinkarnation
Werden Frauen manchmal als Männer wiedergeboren und umgekehrt?
Sri Chinmoy: Das ist in Gottes Schöpfung nur vier- oder fünfmal vorgekommen. In ganz seltenen Fällen kann es aber geschehen, dass ein spiritueller Meister das Geschlecht eines Menschen ändert oder jemandem, der noch auf der Erde lebt, eine neue Seele gibt. Die andere Seele wird dann sozusagen in Schlaf versetzt und ist vorübergehend nicht aktiv. Doch das ist in der Geschichte der Menschheit wirklich nur äußerst selten vorgekommen.
Wenn ein Mensch stirbt und sehr an einem Hund oder einem anderen Tier hängt und Mitgefühl für dieses Tier hat, wird das dazu führen, dass er als Tier wiedergeboren wird?
Sri Chinmoy:
Die großartigste Schrift Indiens und das umfangreichste literarische Werk der Welt ist die Mahabharata. In der Mahabharata gibt es einige Geschichten, in denen sich ein Mensch später als Tier wieder verkörpert. Es gibt eine bekannte Geschichte von einem König namens Bharata, der einem Hirsch sehr zugetan war und angeblich in seiner nächsten Inkarnation ein Hirsch wurde. Nun war Sri Ramakrishna seinem liebsten Schüler Naren sehr zugetan, der später Swami Vivekananda wurde. Er pflegte auf seinen Schüler zuzugehen und mit ihm zu sprechen, und die Leute dachten, dass Ramakrishna verrückt sei. Eines Tages sagte Naren daher zu ihm: „Was machst du nur? Kennst du nicht die Geschichte von König Bharata, der eine so starke Zuneigung zu einem Hirsch hatte, dass er in seiner nächsten Inkarnation ein Hirsch wurde? Dein Schicksal wird das gleiche sein, wenn du ständig an einen gewöhnlichen Menschen wie mich denkst.“ Ramakrishna nahm Naren ernst und fragte Mutter Kali: „Ist es wahr, dass mein Schicksal wie das von König Bharata sein wird?“ Sie sagte: „Das ist töricht! Du hast Naren gern, weil du Gott in ihm siehst. Nicht, weil er schön ist oder dergleichen. Nein! Du hast ihn gern, weil die Manifestation Gottes in ihm zum Ausdruck kommt. Deshalb bist du so beglückt, wenn du ihn siehst.“
Wenn du Mitgefühl für jemanden hast, heißt das nicht, dass du zu dieser Person werden wirst. Wenn ein Bettler dich um Almosen bittet und du ihm dein tiefstes Mitgefühl zeigst und ihm Geld oder etwas zu Essen gibst, heißt das nicht, dass du selbst ein Bettler werden wirst. Genauso kannst du, wenn du einen Hund hast, dem Hund deine Liebe zeigen, weil er dir äußerst treu ergeben ist und so weiter. Aber das bedeutet nicht, dass du zu einem Hund werden wirst, nur weil du die Eigenschaften des Hundes, den du liebst, bewunderst. Die guten Eigenschaften des Hundes, seine Treue und Ergebenheit kannst du in deiner menschlichen Existenz haben, ohne ein Tierleben anzunehmen. Du wirst nicht zu einem Tier werden, nur weil du an einem Tier hängst. Dieses Stadium hast du bereits hinter dir gelassen. Aber du kannst die guten Eigenschaften des Tieres erhalten.
Wenn jemand ein fortgeschrittener Sucher ist und die Fähigkeit hat, seine vergangenen Inkarnationen zu sehen, wird dies seinen Fortschritt behindern? Ist es schädlich, wenn du entdeckst, dass du ein Dieb oder etwas anderes in der Vergangenheit warst?
Sri Chinmoy:
Wenn du in diesem Leben höchst aufrichtig meditierst, wird sich deine innere Stärke automatisch entwickeln, und du wirst einen Punkt erreichen, wo du nicht beunruhigt sein wirst, selbst wenn du siehst, dass du in einer früheren Inkarnation der schlimmste Verbrecher warst. Du weißt, dass du hierher gekommen bist, um dich selbst zu verwandeln, um dem Göttlichen entgegen zu gehen. Buddha offenbarte seine früheren Inkarnationen: Er war eine Ziege gewesen und vieles andere mehr. Weil er Gott verwirklicht hatte und in die höchste Wahrheit eingetreten war, konnte er leicht sagen, was er in seinen früheren Geburten gewesen war. Für ihn war es unwesentlich, ob er in seinen vergangenen Inkarnationen etwas vollkommen Gewöhnliches war.
Hilft es zu wissen, welches Tier man in einer vergangenen Inkarnation war oder was für ein Mensch man war?
Sri Chinmoy:
Wenn wir in das innere Leben eintreten und unser inneres Bewusstsein, unsere inneren Fähigkeiten entwickeln, dann erhalten wir Erinnerungen an unsere früheren Inkarnationen. Tief in unserer Meditation können wir sehr leicht fühlen, dass wir frühere Leben hatten. Und wenn wir wissen, dass wir eine Vergangenheit hatten, und wenn wir wissen, dass die Gegenwart noch nicht vollendet ist und dass wir selbst nicht unvollendet bleiben können, dann wird uns der Drang der Gegenwart zu unserer Zukunft führen, wo wir unsere Vollendung und Vollständigkeit erreichen werden. Gleichzeitig können wir unseren Fortschritt beschleunigen, wenn wir einen Meister haben. Wenn wir uns mit Hingabe dem inneren Leben widmen, und wenn wir einen Guru haben, dann können wir in einer Lebensspanne den Fortschritt von zwanzig Inkarnationen machen.
Nehmen wir einmal an, wir wissen, dass wir in unserer letzten Inkarnation ein Reh waren. Der einzige Vorteil dabei ist, dass wir an unsere Geschwindigkeit denken und uns sagen können: „In meiner Tierinkarnation lief ich so schnell, und damals besaß ich nicht die entwickelte Seele, die ich jetzt habe. Also will ich in dieser Inkarnation noch schneller laufen!“ Sobald wir uns daran erinnern, dass wir in einer früheren Inkarnation schnell gelaufen sind, fühlen wir uns inspiriert, auch in dieser Inkarnation schnell zu laufen. Wenn wir unsere frühere Inkarnation kennen, dann können wir sie positiv nutzen; dann kommt die Inspiration sehr schnell zum Vorschein. Wenn jemand weiß, dass er ein Sucher war, schenkt ihm das ein wenig Freude und Vertrauen. „Ich habe meine Reise in meiner vergangenen Inkarnation begonnen, aber es war ein sehr langer und mühsamer Weg. In dieser Inkarnation gehe ich noch immer dieselbe Straße entlang, aber diesmal muss ich nicht mehr so weit gehen. Es ist jetzt auch einfacher, weil ich ein wenig Hilfe erhalte. Ich besitze die Fähigkeit. Ich habe die Bereitschaft und ich habe die Erfahrung. Mit einem spirituellen Meister, der mich führt, werde ich leicht mein Ziel erreichen.“
Aber nur in seltenen Fällen nutzen wir das Wissen um unsere früheren Inkarnationen auf angemessene Weise. Meistens erhalten wir davon keinerlei Ermutigung. Wird es uns irgendwelche Inspiration oder Strebsamkeit schenken, wenn wir wissen, dass wir in unserer vergangenen Inkarnation ein Dieb oder sonst etwas Ungöttliches waren? Nein! Wir werden sofort denken: „Oh, ich war ein Dieb, und in dieser Inkarnation versuche ich, ein Heiliger zu werden. Unmöglich! Es ist hoffnungslos zu versuchen, in diesem Leben spirituell zu werden.“ Selbst in dieser Inkarnation brauchen wir lange, um aus unserer Verzweiflung heraus zu kommen, wenn wir etwas falsch gemacht haben. Wir denken: „Ich war so schlecht. Ich habe dies und jenes getan. Wie kann ich jemals rein werden? Wie kann ich jemals Gott verwirklichen?“ Selbst wenn wir vor vier Jahren etwas falsch gemacht haben, kann es uns immer noch quälen.
Oder nehmen wir an, wir wissen, dass wir in unserer vergangenen Inkarnation jemand Bedeutendes waren, und in dieser Inkarnation sehen wir, dass wir ein Nichts sind. Dann werden wir uns jämmerlich fühlen. Wie werden Gott verfluchen und wir werden uns selbst verfluchen. Wir werden sagen: „Wenn ich so bedeutend war, wie kommt es, dass ich in dieser Inkarnation so nutzlos bin? Was habe ich so Unvorstellbares getan, dass ich dieses Schicksal verdiene? Gott ist hart, Ihm liegt nichts an mir.“ Aber wir missverstehen Gott. Gott möchte durch uns in dieser Inkarnation eine andere Erfahrung machen, während wir denken, dass Gott einfach nur lieblos ist.
Ein Sucher will innere Freude, die Freude, die ihn erfüllt und die Gott erfüllt. Das werden ihm seine vergangenen Inkarnationen niemals geben. Wenn er in eine seiner früheren Inkarnationen eintritt und sieht, dass er der Präsident der Vereinigten Staaten war, wird er trotzdem keine Zufriedenheit erhalten. Er wird sehen, dass sein Leben als Präsident voller Leid und Enttäuschungen war. Um wahre Freude zu erhalten, muss ein Sucher im spirituellen Leben vorwärts gehen mit seinem eigenen inneren Streben und seiner eigenen inneren Sehnsucht, mit seiner eigenen Konzentration und Meditation.
Das Beste für uns ist es, nicht an die Vergangenheit zu denken. Unser Ziel liegt nicht hinter uns; es liegt vor uns. Wir bewegen uns vorwärts, nicht rückwärts. Ich sage immer „Vergangenheit ist Staub“ für einen spirituellen Menschen. Ich sage das, weil uns die Vergangenheit nicht gegeben hat, was wir haben wollen. Was wir wollen ist Gott-Verwirklichung. Unsere vergangenen Inkarnationen zu kennen, hilft uns nicht bei unserer Gott-Verwirklichung. Gott-Verwirklichung hängt vollständig von unserer inneren Sehnsucht, unserem inneren Ruf ab. Wichtig ist nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft. Wir müssen sagen: „Ich habe keine Vergangenheit. Ich beginne hier und jetzt mit Gottes Gnade und meiner eigenen Strebsamkeit. Lass mich jetzt zu laufen beginnen. Wie weit ich in der Vergangenheit gelaufen bin, ist belanglos. Lass mich nur daran denken, wie weit ich in diesem Leben laufen werde.“
Im Augenblick betrachten wir die Vergangenheit als etwas völlig Verschiedenes von der Gegenwart, und die Gegenwart als etwas völlig Verschiedenes von der Zukunft. Wenn wir einmal Gott verwirklichen, werden Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eins. Sie bilden einen Kreis, der unser eigenes inneres Wesen, unser ganzes Leben ist. Dann können wir leicht auf unsere früheren Inkarnationen zurück blicken und wissen, wer wir waren.
Wenn du deine vergangenen Inkarnationen kennen lernen willst, dann wird dir Gott sicher die Fähigkeit dazu geben. Aber das Wichtigste sind nicht vergangene oder zukünftige Inkarnationen, sondern was du hier und jetzt willst. Du willst Gott, und wenn du seelenvoll meditierst, dann ist Gott gezwungen, dir diese Gnade zu gewähren. Du wirst Ihn besitzen und du wirst Ihn ganz dein eigen nennen.
Gemäß der Reinkarnationslehre wird unser nächstes Leben eine Widerspiegelung und Erweiterung dieses Lebens sein. Könntest du bitte etwas mehr dazu sagen?
Sri Chinmoy:
Unser nächstes Leben braucht keine Widerspiegelung unseres früheren Lebens zu sein. Nehmen wir an, jemand hat seine Rolle höchst zufriedenstellend erfüllt. Nehmen wir an, dass du in deiner früheren Inkarnation ein großer Künstler gewesen bist, und deine Seele will diese Erfahrung nicht noch einmal machen. Wenn deine Seele möchte, dass du die Erfahrung machst, ein Politiker zu sein, dann wird deine frühere Erfahrung als Künstler vielleicht gar nicht zum Vorschein kommen. Nur wenn die Seele ihre Rolle auf einem bestimmten Gebiet nicht zu Ende gespielt hat und denselben Prozess fortsetzen möchte, dann wird ein Leben die Widerspiegelung des vorhergehenden Lebens sein. Ansonsten kann die Seele die Eigenschaften, die Natur und die Neigungen des menschlichen Wesens völlig ändern.
Haben die körperlichen Fähigkeiten, die wir besitzen, etwas mit unseren Errungenschaften aus früheren Inkarnationen zu tun?
Sri Chinmoy:
Nein, unsere körperlichen Fähigkeiten hängen davon ab, wie viel Entschlossenheit, Ausdauer und Strebsamkeit wir haben. Wenn wir sehr wenige Fähigkeiten haben, heißt das nicht, dass wir in unseren früheren Inkarnationen sehr ungöttlich waren. Keineswegs, nur bemühen sich manche Menschen nicht, sie arbeiten nicht hart genug. In dieser Welt kann man nichts erreichen, ohne dafür hart zu arbeiten.
Wenn jemand auf einem Gebiet begabt ist, bedeutet das, dass seiner Seele dieses Potenzial ursprünglich gegeben wurde, oder hat er viele Jahre lang versucht, diese Fähigkeit zu entwickeln und es schließlich erreicht?
Sri Chinmoy:
Potenzial hat jeder, so wie ein Tonklumpen. Wenn der eine Töpfer ihn formt, wird das Gefäß wunderschön, während ein anderer Töpfer ein weniger schönes Gefäß daraus macht. Die Essenz beider Gefäße ist derselbe Ton. Auf die gleiche Weise sind wir im Geiste alle eins. Aber während der eine Töpfer arbeitet, fragst du vielleicht: „Wieso hat er dieses Gefäß so schön geformt?“ Dieser bestimmte Töpfer hat etwas, dass bewusste Strebsamkeit genannt wird. In jeder anderen Hinsicht ist meine Essenz, deine Essenz, jedermanns Essenz dieselbe. Aber während dieser bestimmte Töpfer formt, ist etwas in ihm, das ihm die Möglichkeit gibt, etwas Einzigartiges zu gestalten.
Es ist daher nicht so, dass am Anfang ein bestimmtes Potenzial gegeben wurde. Nein, sondern es war jedem Menschen bestimmt, eine sehr begrenzte Freiheit zu erhalten, die mit Beginn der Schöpfung anfing. Diese Freiheit nun bedeutet ein Potenzial. Manche gebrauchen dieses Potenzial für das spirituelle Leben, manche gebrauchen es für die Musik, manche für die Dichtung und so weiter. Manche gebrauchen es überhaupt nicht. Aber aus einem Potenzial entsteht erst dann eine Wirklichkeit, wenn sein Besitzer es zum Vorschein bringt und entwickelt.
Ist die Zeitspanne, die eine Seele zwischen zwei Inkarnationen in der Seelenwelt verbringt, abhängig von der Strebsamkeit der letzten Inkarnation? Wird sie sich früher inkarnieren, wenn es eine hohe Seele ist?
Sri Chinmoy:
Es kommt auf die Strebsamkeit und die Notwendigkeit an. Du hast vielleicht das innere Streben, etwas zu tun, aber Gott mag keine Notwendigkeit dafür sehen. Von deiner Seite her ist Strebsamkeit notwendig. Du strebst danach, wieder zurück zu kommen und das Spiel sofort von neuem zu beginnen. Es ist so, als ob du eine halbe Stunde lang gespielt hättest und nun eine kleine Pause einlegst. Wenn du dich dann ausgeruht hast, sagst du: „Gib mir die Gelegenheit das Spiel zu beenden und zurück zu gehen.“ Aber Gott sagt vielleicht: „Nein, ich möchte, dass du dich etwas länger ausruhst.“ Dann kannst du noch nicht zurückkehren. Wenn jedoch deine Strebsamkeit und Gottes Notwendigkeit eins werden, kannst du selbstverständlich zurückkommen.
Manche Seelen inkarnieren sich fast augenblicklich wieder, ohne überhaupt zur Seelenwelt gegangen zu sein. Nehmen wir an, jemand stirbt vorzeitig bei einem Unfall. Dann geht die Seele vielleicht nur bis zur vitalen Hülle hinauf, und von dort aus inkarniert sie sich, wenn eine spirituelle Persönlichkeit oder die göttliche Gnade eingreift, schon nach sieben oder acht Monaten in einer neuen Familie.
Die meisten gewöhnlichen Seelen kommen wieder zurück, nachdem sie sechs oder sieben oder höchstens zwanzig Jahre in der Seelenwelt verbracht haben. Die Seele nutzt ihre Zeit in der Seelenwelt, um ihre irdischen Erfahrungen zu assimilieren. Bedeutende Menschen, wie große Wissenschaftler oder spirituelle Persönlichkeiten, nehmen nicht so schnell wieder eine Geburt an wie gewöhnliche Leute. Sehr selten wirst du eine große Persönlichkeit auf welchem Gebiet auch immer finden, die schon bald wieder eine Inkarnation annimmt. Einige bleiben für siebzig Jahre oder länger in der Seelenwelt. In bestimmten Fällen warten spirituelle Meister einhundert oder zweihundert Jahre, bevor sie sich wieder inkarnieren. Aber es gibt keine feste Regel. Wenn der Supreme möchte, dass sie wieder zur Erde zurückkehren, dann müssen sie zurückkehren, auch wenn sie nicht wollen. Es hängt von der eigenen Entscheidung der Seele und der Zustimmung des Supreme ab, wie lange eine Seele braucht, bis sie sich wieder inkarniert.
Wenn jemand stirbt, behält er dann in seiner nächsten Inkarnation dasselbe Niveau an Strebsamkeit bei?
Sri Chinmoy:
Wenn jemand stirbt, dann behält er definitiv dasselbe Niveau an Strebsamkeit in seinem neuen Körper und seinem neuen Bewusstsein bei. Aber diese Strebsamkeit kann gewöhnlich nicht sofort zum Vorschein kommen, weil das Erdbewusstsein voller Dunkelheit und Unwissenheit ist. Er muss einige Jahre, oder meistens sogar ein ganze Reihe von Jahren, gegen gewaltige Widerstände ankämpfen. Wenn die Seele jedoch sehr mächtig ist und der Sucher über ungewöhnliche innere Kraft verfügt, dann erhält er entweder direkt von Anbeginn seines Lebens oder nach wenigen Jahren seine alte Strebsamkeit zurück und fährt fort, seinem Ziel entgegen zu marschieren und zu laufen.
Wenn ein Sucher stirbt, hört dann all sein Wirken in der Zeit zwischen seinem Tod und seiner Wiedergeburt auf? Oder ist er in der Lage, bewusst weiter zu arbeiten beziehungsweise seine Arbeit, in gewisser Weise weiterzuführen, bis er zur Erde zurückkehrt?
Sri Chinmoy:
Das hängt von der Errungenschaft des einzelnen Suchers ab. Nehmen wir an, ein fortgeschrittener Sucher hat den Körper verlassen, und nehmen wir an, es gab vieles, was er auf Erden noch vollbringen wollte, aber er konnte es nicht mehr. Was wird er nun tun? Wenn er den Körper verlässt, muss er durch die physische Hülle, die vitale Hülle, die mentale Hülle und andere Hüllen gehen, und schließlich wird er in die Region der Seele eintreten. Wenn es nicht sein eigener Wille ist, in den nächsten zehn oder zwanzig Jahren zur Erde zurückzukehren, und wenn es auch nicht Gottes Wille ist, dass er zurückkehrt, dann kann er in der Zwischenzeit seine Arbeit auf Erden von jemandem dort tun lassen, der ihm am nächsten steht. Da er eine fortgeschrittene Seele ist, kann er den Willen seiner Seele von dort, wo er sich befindet, auf diese ihm am nächsten stehende Person auf der Erde anwenden. Doch gewöhnliche Menschen sind dazu nicht in der Lage, wenn sie den Körper verlassen.
Nehmen wir einmal an, jemand will, dass seine Kinder den Doktortitel erlangen. Nachdem die Seele den Körper verlassen hat, kann sie, solange sie noch in der vitalen Welt ist, diese Begierden und gewöhnlichen Wünsche ihren Kindern schicken. Durch das Vitale erhält die Seele einen gewissen Kontakt zur Erde aufrecht. Gewöhnliche irdische Wünsche können durch den Willen der verstorbenen Person, die den Körper vor ein oder zwei Jahren verlassen hat, erfüllt oder verstärkt werden.
Aber wenn die Seele zu den höheren Ebenen zurückgeht, dann wird sie nicht mehr begehren oder wünschen, dann wird sie nicht auf diese Weise auf Söhne und Töchter einwirken, die noch auf der Erde sind. Die Seele wird sich dann nicht mehr um die irdische Zufriedenheit der Kinder kümmern, um die Erfüllung ihrer zahllosen irdischen Wünsche. Doch wenn die Seele himmlische Strebsamkeit für ihre Lieben hat, dann wird sie von den höheren Welten aus versuchen, deren eigene Strebsamkeit zu vergrößern und ihnen auf jede Weise zu helfen. Die Seele wird zu mächtigen Seelen gehen, die noch auf der Erde weilen, und diese bitten, ihren Lieben in der spirituellen Welt zu helfen. Und wenn eine Seele sehr weit entwickelt ist und sieht, dass jemand sehr aufrichtig und strebsam ist, dann kann die Seele selbst dieser Person helfen.