Pflicht
Arbeit in der rechten Einstellung getan, ist Meditation.
Erstellt von Bhagavantee am 27. May 2011 - 20:24“Jede Arbeit, die für das Göttliche getan wird, von Poesie und Kunst und Musik bis zum Schreinern oder Backen oder dem Aufkehren eines Zimmers, sollte vollkommen getan werden, sowohl in ihrer kleinsten äußeren Einzelheit als auch in dem Geist, in dem sie geschieht, denn nur dann ist sie eine ganz und gar angemessene Darbringung.”
–Sri Aurobindo (der spirituelle Lehrer und Guru von Sri Chinmoy)
Was ist die Pflicht eines Suchers der Gesellschaft gegenüber, und wie sollte er sich der Gesellschaft gegenüber verhalten? Sollte er sich zurückziehen oder sollte er sich engagieren und wenn ja, wie sollte die Art und Weise seines Engagements sein?
Sri Chinmoy:
Es kommt darauf an. Zuallererst sollten wir das Niveau des Suchers kennen. Wenn der Strebende fühlt, dass das innere Leben, das spirituelle Leben von größter Bedeutung ist, dass er ohne dieses nicht sein kann, dann muss er die meiste Zeit dem inneren Leben, dem spirituellen Leben, der Gott-Verwirklichung widmen. Sein inneres Wesen wird ihm sagen, in welchem Ausmaß er sich für die Gesellschaft engagieren kann. Aber wenn der Sucher gerade erst das ABC des spirituellen Lebens lernt, dann empfehle ich ihm, die Gesellschaft als etwas anzunehmen, das in seinem Leben wichtig, notwendig und bedeutungsvoll ist, etwas, das gemeinsam mit dem inneren Leben angenommen werden sollte.
Wenn er allerdings ein wahrer Suchender ist, möchte ich sagen, dass er tief nach innen gehen muss, um zu wissen, wie er der Gesellschaft helfen kann. Der Gesellschaft zu helfen ist etwas Wunderbares. Ein Menschenfreund zu sein ist etwas Wunderbares, und wenn ein solcher Menschenfreund oder Philanthrop dann nach innen geht und von seinem inneren Wesen, von Gott, den direkten Auftrag erhält, dann wird seine Hilfe für die Gesellschaft auch wirklich von Bedeutung sein. Ansonsten wird die so genannte Hilfe oder der Einsatz für die Gesellschaft durch den Strebenden nur seiner Selbstverherrlichung dienen und sein Ego nähren.
Um Gott zu verwirklichen, braucht man sich nicht für immer aus der Gesellschaft zurück zu ziehen. Wenn man sich von der Gesellschaft oder in weiterem Sinne von der Menschheit zurück zieht, wie kann man dann die Göttlichkeit hier auf Erden begründen und manifestieren? Aber man muss bei seiner spirituellen Suche weise sein. Man muss wissen, dass Gott an erster Stelle steht und dann erst die Menschheit kommt. Wenn man sich zuerst der Menschheit widmet und der Menschheit gemäß seiner eigenen begrenzten Fähigkeit dient, oder nur um das eigene Ego zu nähren, dann kann man Gott nicht in der Gesellschaft oder in der Menschheit erfüllen. Um der Menschheit auf die richtige, auf göttliche Weise zu dienen, muss man daher zuerst zur Göttlichkeit gehen und von dort auf die Menschheit zugehen. Dann wird die Hilfe wirklich segensreich sein.
Wie kann man Pflicht zu etwas Angenehmem und Erhebendem machen?
Sri Chinmoy:
Was wir tun müssen, ist unsere Einstellung gegenüber der Pflicht zu verändern. Wenn wir um Gottes willen arbeiten, gibt es keine Pflicht. Alles ist dann Freude; alles ist Schönheit. Jede Handlung muss zu Gottes Füßen ausgeführt und dargebracht werden. Pflicht um Gottes willen ist die höchste Pflicht. Wir haben kein Recht, irgendeine andere Pflicht anzunehmen, ehe wir nicht unsere eigene spirituelle Erlösung errungen haben. Hat uns Gott nicht schon bei unserer Geburt mit dieser wunderbaren Aufgabe betraut? Die erhabene Pflicht eines Suchers ist es, unaufhörlich nach Gott-Verwirklichung zu streben.
Welche Prioritäten würdest du bei den Pflichten eines Schülers setzen?
Sri Chinmoy:
Liebe deine Familie sehr. Das ist deine große Pflicht. Liebe die Menschheit mehr. Das ist deine größere Pflicht. Liebe Gott am meisten. Das ist deine größte Pflicht, deine erhabene Pflicht.
Das Leben eines Suchers ist das Leben, welches die höchste Pflicht erfüllen muss. Seine erste und oberste Pflicht ist es, Gott zu verwirklichen. Es gibt in seinem Leben hier auf Erden keine größere Pflicht als diese. Die Zeit verrinnt; die Zeit wartet nicht auf uns. Wir müssen weise sein. Wir können jeden Moment für einen göttlichen Zweck nutzen. Wir können jeden Moment dazu nutzen, unsere seelenvolle Pflicht zu erfüllen.
Kannst du bitte etwas über Pflichterfüllung im Alltag sagen?
Sri Chinmoy:
In unserem täglichen Leben ist Pflicht etwas Unangenehmes, Belastendes und Entmutigendes. Wenn wir an unsere Pflicht erinnert werden, verlieren wir all unsere spontane innere Freude. Wir fühlen uns unglücklich. Wir fühlen, dass wir unsere Lebensenergie für einen besseren Zweck hätten nutzen können. Nur ein Mensch ohne gesunden Menschenverstand kann sagen, dass er nicht weiß, was seine Pflicht ist. Jeder Mensch kennt seine Pflichten gut, zu gut. Es liegt an ihm, ob er sie erfüllt oder nicht. Pflicht ist nur deshalb schmerzhaft, langweilig und monoton, weil wir sie mit unserem Ego, unserem Stolz und unserer Eitelkeit verrichten. Pflicht ist angenehm, ermutigend und inspirierend, wenn wir sie um Gottes willen verrichten.